Italien. Mittelmeer. Insel.
Du bist am Strand. Allein. Es ist heiß. Angenehm ist\’s, weil eine leichte Briese weht.
Es riecht nach Sonnenmilch. Kleine Wellen kräuseln sich.
Du gehst ins Meer und das Meer ist das Debutalbum der Londoner Gruppe WOMAN\’S HOUR in das Du ganz allein an diesem Nachmittag abtauchst.
Die Musik schlägt wie das Wasser über deinem Kopf zusammen. Es umgibt Dich und alles, jede Bewegung und jeder Gedanke, wird langsamer. Die Augen sind geschlossen, denn Meerwasser brennt ja in den Augen, ein bisschen blinzelst Du doch und siehst dann, wie sich das Sonnenlicht im Wasser bricht.
Das erste Album von WOMAN’S HOUR (der Bandname stammt übrigens von einer BBC Sendung) versteht es solche Räume aufzuschließen. Mit ihrer Musik kann man in sich selbst herumwandern; vergessene Erinnerungen wiederholen oder Sehnsüchte träumerisch Wirklichkeit werden lassen. Man führt einen Dialog, eine Konversation mit sich selbst. Wobei „man“ wohl falsch gewählt ist, denn es ist ja so, dass eben nicht jedermann sich aufs in-sich-rumwandern, aufs Wiederholen oder Träumen versteht. – Und so kann möglicherweise eben nicht jedermann etwas mit dieser synästhetischen, in manchen Momenten auch philosophischen Musik anfangen. Bricht man es runter, ist es sanfter Elektropop, schaut man genauer hin, ist es viel mehr als nur das. Wie die Menschen ihre Musik empfinden werden, darüber habe sich die Band, die seit 2011 aus Fiona (Gesang) und Will (Gitarre) Burgess, Josh Hunnisett (Keyboard) und Nicolas Graves (Bass) besteht, zunächst keine Gedanken gemacht. – Das erklärte mir die Sängerin in unserem Skypeinterview.
When we are writing music, I never imagine anybody hearing it, because I am in the moment. You are creating it for your own enjoyment and purposes. It is a very intimate record. And I like the idea that it can be a personal record, to which you listen to in a really private way, on your own, with your headphones or alone in your bedroom. But I would be glad if it is also music that can be shared socially…Like in concerts, with friends … I hope that it is a record that people will enjoy it in both ways.
Es ist keine Musik, die man nebenbei laufen lässt. Oder Musik, die das Ziel hat, jeden auf die Tanzfläche zu bringen und dabei vergessen zu lassen. Im Gegenteil: WOMAN’S HOUR regen mit ihrem Debut zur Reflektion an. Der Titel des Albums Conversations steht somit als Metapher für den Effekt den das Album auslöst. Allerdings …
… there are so many different reasons why it is called conversations. As a word „conversations“ has a connotation of a very simple act. Having a conversation is a very simple notion. – It means saying something to somebody else, engaging with them and having some sort of a dialog. But actually conversations is a very … complex thing. This word summarizes similar themes that a running through the album. I don’t think that the album ever tries to make sense out of the world and human relations but it is identifying the complexity of human beings and the difficulty of something simple as having a conversation with somebody and what that can create as a result.
Da sind wir wieder bei der Philosophie. Nach diesem Statement schloss sich unserem Gespräch eine Diskussion über die sich stetig und schnellebig verändernde zeitgenössische Kommunikationskultur an. Wir begannen das Kommunizieren über SMS, E-Mail, Soziale Netzwerke und Whatsapp kritisch zu besprechen und endeten mit dem Aspekt, dass Fiona mit wowragazzi via Skype ein Interview führt und was das mit uns und der Gesellschaft macht – Das alles hatte wenig mit der Musik von WOMAN’S HOUR zu tun, weshalb Details hier ausgespart werden; es ist aber ein Fallbeispiel für das, worum es der Band in ihrem Werk geht: Um das Erkennen und das Auseinandersetzen mit dem Erkannten. WOMAN’S HOUR scheinen mit ihrer Musik keine Ideale zu verfolgen, auch kein Ziel zu erreichen, auch keinem Zweck dienen zu wollen. Die Musik entspricht auch keinen Konventionen, will aber auch nicht gewollt gegen etwas verstoßen oder revolutionieren. Sie ist einfach. Sie ist das, was die Musiker mochten und fühlten und was ihnen mit einer begrenzten Auswahl an Instrumenten möglich war. Wenn ich es mit der Kunst vergleiche, musizieren WOMAN’S HOUR vielleicht mit dem selben Gefühl, mit dem expressionistische Künstler malen.
Describing our music is something that I find difficult because it is such a … – what is the word – … hm. It is a physical, embodied experience. Making music and playing music and recording music is a physical thing. As a band we never categorized ourselves as a certain genre. We\’ve never sat down and wanted to reference certain genres or wanted to try to be part of a scene or music. We make just music, that we like and that feels natural and that feels … – and again I struggle to find the word – because it is hard to describe … it is a physical feeling, that you get when you make music you are passionate about.
Ihre Leidenschaft begrenzt sich aber keineswegs aufs musizieren, wie Fiona im Gespräch betonte. Die Bandmitglieder würden sich nicht nur als Musiker, sondern als Künstler verstehen und möchten die kategorische Einteilung in den einen oder anderen Bereich durchbrochen sehen. Musik erkennen sie als einen Teil ihrer Kunst. Die Visualisierung sei ein weiterer. Mit ihren in schwarz-weiß gehaltenen Musikvideos, die nicht selten von Performancekünstlern inspiriert worden sind, erschafft die Band ein Gesamtkunstwerk. In dem Video zu dem Song Conversationssetzen sie beispielsweise eine Choreographie von Trisha Brown aus dem Jahre 1973 um. Das Video soll die Isolation des Einzelnen beschreiben, jeder vertieft im Gespräch mit sich selbst. Die Verzahnung mit der Kunst zeigt sich auch in der Zusammenarbeit mit dem Künstlerduo Adam Broomberg und Oliver Chanarin, die maßgeblich an der Umsetzung der Videos und allen Artworks, wie z.B. Albumcovergestaltung, beteiligt sind. Diese Leidenschaften nun in einem Album zu vereinen, war kein leichter Prozess für die Band, aber ein fruchtbarer.
Making this record has been a bittersweet experience, because we had to make so many compromises within our lives to make it possible. To have the time and the resources to create a record is an incredibly difficult thing to do. What we get out of it is just so incredibly powerful, that balances out the difficulty of making it. So I guess it is the most personal and in some ways also most biographical thing I\’ve been involved doing.
Es ist spannend der Band bei ihrem kreativen Zerbrechen zu zu sehen. Inspirierend und schön sind ihre Kunst-, Musik- und Literaturempfehlungen auf ihrer Tumblr – Seite. Ihre Musik jedoch, funktioniert auch – und darin liegt ihre Stärke – allein. Alles weitere, Videos, Installationen, digitale Exegese sind wie feinste Konditorsahne oben drauf. Und ich liebe Sahne, aber manchen Leuten ist sie ja zu fett, was ich auch verstehen kann.
Italien. Mittelmeer. Insel.
Du bist am Strand. Allein. Es ist heiß. Angenehm ist\’s, weil eine leichte Briese weht.
Es riecht nach Sonnenmilch. Kleine Wellen kräuseln sich.
Du gehst ins Meer und das Meer ist das Debutalbum der Londoner Gruppe WOMAN\’S HOUR in das Du ganz allein an diesem Nachmittag abtauchst.
Die Musik schlägt wie das Wasser über deinem Kopf zusammen. Es umgibt Dich und alles, jede Bewegung und jeder Gedanke, wird langsamer. Die Augen sind geschlossen, denn Meerwasser brennt ja in den Augen, ein bisschen blinzelst Du doch und siehst dann, wie sich das Sonnenlicht im Wasser bricht.
Das erste Album von WOMAN’S HOUR (der Bandname stammt übrigens von einer BBC Sendung) versteht es solche Räume aufzuschließen. Mit ihrer Musik kann man in sich selbst herumwandern; vergessene Erinnerungen wiederholen oder Sehnsüchte träumerisch Wirklichkeit werden lassen. Man führt einen Dialog, eine Konversation mit sich selbst. Wobei „man“ wohl falsch gewählt ist, denn es ist ja so, dass eben nicht jedermann sich aufs in-sich-rumwandern, aufs Wiederholen oder Träumen versteht. – Und so kann möglicherweise eben nicht jedermann etwas mit dieser synästhetischen, in manchen Momenten auch philosophischen Musik anfangen. Bricht man es runter, ist es sanfter Elektropop, schaut man genauer hin, ist es viel mehr als nur das. Wie die Menschen ihre Musik empfinden werden, darüber habe sich die Band, die seit 2011 aus Fiona (Gesang) und Will (Gitarre) Burgess, Josh Hunnisett (Keyboard) und Nicolas Graves (Bass) besteht, zunächst keine Gedanken gemacht. – Das erklärte mir die Sängerin in unserem Skypeinterview.
Es ist keine Musik, die man nebenbei laufen lässt. Oder Musik, die das Ziel hat, jeden auf die Tanzfläche zu bringen und dabei vergessen zu lassen. Im Gegenteil: WOMAN’S HOUR regen mit ihrem Debut zur Reflektion an. Der Titel des Albums Conversations steht somit als Metapher für den Effekt den das Album auslöst. Allerdings …
Da sind wir wieder bei der Philosophie. Nach diesem Statement schloss sich unserem Gespräch eine Diskussion über die sich stetig und schnellebig verändernde zeitgenössische Kommunikationskultur an. Wir begannen das Kommunizieren über SMS, E-Mail, Soziale Netzwerke und Whatsapp kritisch zu besprechen und endeten mit dem Aspekt, dass Fiona mit wowragazzi via Skype ein Interview führt und was das mit uns und der Gesellschaft macht – Das alles hatte wenig mit der Musik von WOMAN’S HOUR zu tun, weshalb Details hier ausgespart werden; es ist aber ein Fallbeispiel für das, worum es der Band in ihrem Werk geht: Um das Erkennen und das Auseinandersetzen mit dem Erkannten. WOMAN’S HOUR scheinen mit ihrer Musik keine Ideale zu verfolgen, auch kein Ziel zu erreichen, auch keinem Zweck dienen zu wollen. Die Musik entspricht auch keinen Konventionen, will aber auch nicht gewollt gegen etwas verstoßen oder revolutionieren. Sie ist einfach. Sie ist das, was die Musiker mochten und fühlten und was ihnen mit einer begrenzten Auswahl an Instrumenten möglich war. Wenn ich es mit der Kunst vergleiche, musizieren WOMAN’S HOUR vielleicht mit dem selben Gefühl, mit dem expressionistische Künstler malen.
Ihre Leidenschaft begrenzt sich aber keineswegs aufs musizieren, wie Fiona im Gespräch betonte. Die Bandmitglieder würden sich nicht nur als Musiker, sondern als Künstler verstehen und möchten die kategorische Einteilung in den einen oder anderen Bereich durchbrochen sehen. Musik erkennen sie als einen Teil ihrer Kunst. Die Visualisierung sei ein weiterer. Mit ihren in schwarz-weiß gehaltenen Musikvideos, die nicht selten von Performancekünstlern inspiriert worden sind, erschafft die Band ein Gesamtkunstwerk. In dem Video zu dem Song Conversations setzen sie beispielsweise eine Choreographie von Trisha Brown aus dem Jahre 1973 um. Das Video soll die Isolation des Einzelnen beschreiben, jeder vertieft im Gespräch mit sich selbst. Die Verzahnung mit der Kunst zeigt sich auch in der Zusammenarbeit mit dem Künstlerduo Adam Broomberg und Oliver Chanarin, die maßgeblich an der Umsetzung der Videos und allen Artworks, wie z.B. Albumcovergestaltung, beteiligt sind. Diese Leidenschaften nun in einem Album zu vereinen, war kein leichter Prozess für die Band, aber ein fruchtbarer.
Es ist spannend der Band bei ihrem kreativen Zerbrechen zu zu sehen. Inspirierend und schön sind ihre Kunst-, Musik- und Literaturempfehlungen auf ihrer Tumblr – Seite. Ihre Musik jedoch, funktioniert auch – und darin liegt ihre Stärke – allein. Alles weitere, Videos, Installationen, digitale Exegese sind wie feinste Konditorsahne oben drauf. Und ich liebe Sahne, aber manchen Leuten ist sie ja zu fett, was ich auch verstehen kann.
[vimeo http://vimeo.com/60389926]